Maßnahmen der Zollbehörden zur Durchsetzung gewerblicher Schutzrechte haben in der Vergangenheit viel Aufmerksamkeit als effektives Mittel der Rechtsdurchsetzung erfahren. Weniger im Fokus der Diskussion war das Missbrauchspotential, das dem Grenzbeschlagnahmeverfahren innewohnt.
Die VO (EU) Nr. 608/2013 zur Durchsetzung der Rechte geistigen Eigentums durch die Zollbehörden sieht vor, dass die Zollbehörden Waren aufgrund des Verdachts einer Schutzrechtsverletzung anhalten dürfen, um dem Schutzrechtsinhaber die Möglichkeit zu geben, gegen den über die Waren Verfügungsberechtigten zivilrechtliche Schritte einzuleiten. Durch das Anhalten der Waren wird deren Inverkehrbringen im Inland zunächst verhindert. Das bedeutet, dass ein etwaiger Anspruch auf Unterlassung der Einfuhr vorläufig durchgesetzt wird. Es findet also faktisch eine rein verdachtsbasierte vorläufige Vollstreckung ohne gerichtlichen Titel statt. Daneben gewährt das Verfahren nach der VO (EU) Nr. 608/2013 dem Schutzrechtsinhaber für Prüfungszwecke Zugang zu den betroffenen Waren, den er sonst nicht hätte. Diese für den Schutzrechtsinhaber günstigen Regelungen sind missbrauchsanfällig: Zum einen bergen sie die Gefahr, dass das Verfahren nach der VO (EU) Nr. 608/2013 zur Durchsetzung in Wahrheit nicht bestehender Ansprüche missbraucht wird. Zum anderen besteht das Risiko, dass das Verfahren zu dem Zweck genutzt wird, Betriebsgeheimnisse eines Wettbewerbers abzuschöpfen. Es bedarf daher wirksamer Regelungen zum Schutz vor diesen Formen des Missbrauchs. Nur so kann das Grenzbeschlagnahmeverfahren einen adäquaten Interessenausgleich zwischen allen Verfahrensbeteiligten gewährleisten.
Dieses Werk bietet die erste umfassende Untersuchung und Bewertung der Schutzmechanismen, die gegen den Missbrauch des Grenzbeschlagnahmeverfahrens nach der VO (EU) Nr. 608/2013 bestehen. Auf Grundlage einer systematischen Analyse der Verfahrensabläufe nach der VO (EU) Nr. 608/2013 erläutert der Autor die bestehenden präventiven, repressiven und folgenpräventiven Schutzmechanismen, identifiziert Defizite und zeigt Möglichkeiten zur Verbesserung des Missbrauchsschutzes auf.