Die vorliegende Publikation befasst sich mit dem Komplementaritätsprinzip des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH). Dieses bildet einen der wichtigsten Grundsätze des IStGH-Statuts und regelt das Verhältnis der Strafverfolgungskompetenz zwischen den Staaten und dem Gerichtshof. Primär ist es die Aufgabe der Staaten, Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen zu ahnden. Der IStGH übt lediglich die im Statut vorgesehene ergänzende Strafverfolgung aus. In dieser Arbeit soll das Komplementaritätsprinzip, unter Berücksichtigung der Rechtspraxis des Gerichtshofs, konkretisiert werden, da die Auslegung der Bestimmungen zur komplementären Beziehung viele Fragen offen lässt. Gegenstand der Analyse ist die Situation in Uganda, in der Demokratischen Republik Kongo, in Darfur sowie in der Zentralafrikanischen Republik. Besonders bedeutsam für die Untersuchung ist, dass drei der vier Situationen dem Gerichtshof auf eine Weise übergeben wurden, welche die Verfasser des Statuts nicht in Betracht gezogen haben, nämlich durch Staateneigenüberweisungen. Dadurch stellen sich unerwartet zusätzliche Herausforderungen an das Komplementaritätsprinzip. Aufgrund von Art. 21 Abs. 2 IStGH-Statut, welcher dem Gerichtshof ermöglicht, Rechtsgrundsätze und Rechtsnormen entsprechend der früheren Rechtspraxis anzuwenden, nehmen die hier behandelten ersten Fälle vor dem IStGH eine zentrale Rolle ein.