Die nationalsozialistische Reichsuniversität Straßburg existierte nur drei Jahre von 1941 bis 1944. Sie besitzt dennoch eine herausragende Bedeutung innerhalb der deutschen Universi-tätsgeschichte des 20. Jahrhunderts: Zum einen ist sie die einzige Neugründung einer Volluni-versität in der NS-Zeit, bei der keinerlei Rücksicht auf Traditionen und personelle Kontinuitäten genommen werden musste und mit der nationalsozialistische Hochschulpolitiker ihre „Musteruniversität“ mit fachlich ausgewiesenen und politisch zuverlässigen Professoren und Dozenten verwirklichen konnten. Zum anderen ist sie wegen der „wissenschaftlichen“ Mordtaten ihrer Mediziner Bickenbach, Haagen und Hirt ein universales Symbol für die potentiell verbrecherische Dimension einer von ethischen Werten losgelösten Wissenschaft. Die Reichsuniversität Straßburg sollte mithelfen, das eroberte „deutsche Elsass“ in das nationalsozialistische Großdeutsche Reich zu integrieren; zugleich wurde die ins Zentralmassiv evakuierte französische Université de Strasbourg vehement bekämpft. Die meisten nach Straßburg berufenen Professoren konnten ihre akademischen Karrieren in der Bundesrepublik fortsetzen, während die Geschichte der Reichsuniversität Straßburg und ihrer Opfer nach 1945 nahezu in Vergessenheit geriet.