Die mittlerweile gängige Kontrastierung von biographischer und philologischer Forschung täuscht einen Gegensatz vor, der in Wirklichkeit nicht besteht. Philologische Arbeit ist mit biographischen Fragen eng verbunden, setzt im Einzelfall sogar die Auseinandersetzung mit derartigen Daten in einer Fülle und Detailliertheit voraus, wie sie für biographische Darstellungen gar nicht zwingend erscheint, und hat nicht zuletzt zu spektakulären Revisionen scheinbar gesicherter Biographien geführt. Andererseits finden sich Beispiele, die deutliche philologische Defizite gegenüber der biographischen Forschung erkennen lassen. Das vom Paul-Hindemith-Institut, der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst und dem Institut für hermeneutische Sozialforschung in Frankfurt/Main veranstaltete Symposium hat sich einerseits einer Bestandsaufnahme des Verhältnisses von Philologie und Biographik anhand spezieller Forschungsbereiche (u.a. zu Liszt, Strauss, Mahler, Schönberg, Strawinsky, Hindemith, Messiaen und Stockhausen) gewidmet, andererseits aber auch versucht, allgemein den derzeitigen Stand der Diskussion zum Autonomiestatus von Musik als emphatischer Kunst zu betrachten und auf mögliche aktuelle Konsequenzen zu untersuchen.