In der ausdifferenzierten Welt des heutigen Rechts erscheint es wie ein Wunder, mit der Verhältnismäßigkeit über einen Grundsatz zu verfügen, der die Grenzen der Rechtsgebiete und Rechtsordnungen genauso überschreitet wie die Zuständigkeiten der nationalen, supranationalen und internationalen Gerichte. Verhältnismäßigkeit ist ein materiell wirkendes Prinzip und figuriert zugleich als ein Prüfungs- und Kontrollverfahren im Gewaltenteilungsverhältnis. Den hohen Ansprüchen und Erwartungen an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nachzugehen und seine Tragfähigkeit auszuloten, ist Anliegen dieses Bandes. Welches sind die unausgesprochenen Voraussetzungen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung? Wo liegen deren Stärken, wo aber auch deren Schwächen? Wie wirkt der Grundsatz in den einzelnen Rechtsgebieten und den jeweiligen Institutionen-Arrangements? Mit der hohen praktischen Erfahrung im Umgang mit Verhältnismäßigkeit kontrastiert eine unverkennbare theoretische Unterbilanz der Verhältnismäßigkeit als Rechtsgrundsatz.