Die Gewährleistung auferlegt Ersatzpflichten, ohne ein Verschulden vorauszusetzen. Damit steht sie scheinbar quer in unserem culpafixierten Leistungsstörungsrecht; ja oft bleibt unklar, ob ihr neben der Verschuldenshaftung überhaupt eine Berechtigung zukommt - und wenn ja, welche. Die vorliegende Abhandlung widmet sich dieser Frage und berücksichtigt auch die historischen Entwicklungslinien der Gewähr. Im Ergebnis wird ein neuer Tatbestand der Risikoverantwortlichkeit eingeführt
und zwischen Verschuldenshaftung und Gefahrtragung angesiedelt. Die Kaufgewähr, wie jeder andere Gewährstatbestand, wird dabei als annahmespezifische Unterform der allgemeinen Risikoverantwortlichkeit verstanden. Das vorgestellte Konzept vermeidet Widersprüchlichkeiten und löst Konflikte wie etwa bezüglich Abgrenzung von OR 100 und 199; Verjährung des Ersatzanspruchs bei Minderung; Subsumtion von Mangelfolgeschäden; Folgen der Aliud- und Minuslieferung oder bezüglich Rückabwicklungsproblematik zu OR 119. Zur Wirkung der Gewähr wird gezeigt, dass schuldunabhängig (OR 208 II) nur der Annahmeschaden zu ersetzen ist: jener 'unmittelbar' verursachte Schaden, für den die Sachannahme conditio sine qua non gewesen ist.