Der Philosoph Odo Marquard sah des Menschen wesentlichste Fähigkeit in dessen «Inkompetenzkompensationskompetenz». Was ein ziemlich kompliziertes Wort ist für die einfache Tatsache, dass wir uns als Erdenbürger*innen notwendigerweise irgendwie durchwursteln müssen.
Der Schwerpunkt des «wespennest»-Frühjahrshefts befasst sich unter anderem mit der überlebenswichtigen Funktion der Komplexitätsreduktion. Soziale wie kognitive Systeme sind darauf angewiesen, Information zu filtern und zu reduzieren, was, gut durchgeführt, schwere Arbeit ist. Wie klug ist es aber, sie digitalen Maschinen zu überlassen?
Und wie dumm dürfen wir dabei werden? Es ist, gerade was die Welt der Ideen betrifft, rasante Unterkomplexität festzustellen und zunehmende Inkompetenz. Etwa, was Geschmacksbildung (Netflix) oder die Lesefähigkeit angeht. Wie einfach sollen Bilder, Sprache, Nachrichten werden, und was bedeutet erhöhte Geschwindigkeit bei gleichzeitig reduzierter Komplexität fürs Denken? Die Leseforschung, unter anderem, wird Aufschluss geben. Komplexität ist überfordernd, schwierig, und sie ist schön. In jedem Fall hat sie etwas mit Ästhetik zu tun. Auch darum wird sich «wespennest», die «zeitschrift für brauchbare texte und bilder», sehr brauchbar kümmern.