Die wissenschaftliche und rechtspolitische Corporate Governance-Diskussion über das Leitungssystem der deutschen Aktiengesellschaft hat sich bislang auf den Aufsichtsrat als zweites Organ des in Deutschland geltenden dualistischen Systems und die Verbesserung der ihm obliegenden Überwachung des Vorstands fokussiert. Die rechtswissenschaftliche Literatur zum Vorstand der AG war hingegen lange Zeit äußerst überschaubar. Auch der Deutsche Corporate Governance Kodex vernachlässigt die Aufgabe des Vorstands weitgehend, während er für den Aufsichtsrat zahlreiche Detailaufgaben enthält. Lange Zeit schien es fast in Vergessenheit geraten zu sein, dass die Gesellschaft nicht vom Aufsichtsrat, sondern vom Vorstand und zwar unter eigener Verantwortung geleitetet wird. Daher ist es wünschenswert, die Debatte über (vorgebliche) Mängel des deutschen Systems der Corporate Governance auf den Vorstand und die Leistungsfähigkeit seiner inneren Organisation zu erweitern, um damit dessen Stellung als zentrales Leitungsorgan der Gesellschaft Rechnung zu tragen. In neuerer Zeit sind erste Bemühungen in diese Richtung zu erkennen, Fragen der Binnenorganisation des Vorstands finden verstärkt Beachtung. Vertiefte rechtswissenschaftli- che Auseinandersetzungen fehlen demgegenüber in diesem Bereich weiterhin. Die vorliegende Arbeit versucht, diese Lücke zu füllen und behandelt dazu die Vorstandsorganisation und die individuelle Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder einer AG. Die vorliegende Arbeit gliedert sich in fünf Teile, von denen die Teile 2 und 3 die Hauptaussagen der Arbeit beinhalten. In ihnen wird ausgehend von den Grundsätzen der Gesamtverantwortung und Gleichberechtigung aller Vorstandsmitglieder untersucht, welche Gestaltungsmöglichkeiten bei der Vorstandsorganisation bestehen (Teil 2) und wie die Verantwortlichkeit des einzelnen Vorstandsmitglieds im Zusammenhang mit der Vorstandsorganisation aussieht (Teil 3).