Sie sind vielköpfige Scheusale oder anmutige Schönheiten, mächtige Königsmacher oder mannstolle Weiber - in der altnordischen Literatur spielen die Riesen eine ebenso wichtige wie heterogene Rolle. Die nähere Betrachtung, in deren Zentrum die eddischen Lieder und Vorzeitsagas des skandinavischen Mittelalters stehen, zeigt: Riesen zeichnen sich nicht zwangsläufig durch übermenschliche Größe aus, wohl aber durch außergewöhnliche Macht und Zauberkundigkeit. Erzählerisch dienen sie in den oft sehr witzigen Episoden daher immer wieder dazu, schwer erklärliche Sachverhalte zu erörtern oder rechtfertigen. Sie stehen hinter Naturereignissen wie Stürmen oder ausbleibenden Fischschwärmen und betreten die Bühne, wenn es um gesellschaftliche Fragestellungen geht: das Rollenverhältnis zwischen Mann und Frau, die Legitimation eines Herrschers oder die Auseinandersetzung des Christentums mit alten heidnischen Bräuchen.