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03.05.2023

Das neue Aktienrecht

Mehr Flexibilität und viele praxis­relevante Detailregeln

Im Januar 2023 ist das revidierte Aktienrecht in Kraft getreten. Mehr als 160 Artikel wurden verändert, aufgehoben oder ergänzt. Wir haben mit Peter Forstmoser und Peter Nobel über die Bedeutung dieser Revision gesprochen.

Das neue Aktienrecht hat vielfältige ­Veränderungen gebracht. Welche neuen Regeln sind in der Praxis besonders zu beachten?
Peter Nobel: Für die Praxis liegen die Neuerungen des Aktienrechts vor allem in den veränderten Detailregeln, die sehr zahlreich sind und zu grosser Aufmerksamkeit zwingen. Dazu gehören etwa die vielen Neuerungen und Sicherungen im Kapitalbereich, die Änderungen bei der Liberierung durch Verrechnung oder auch die Überwachung der Zahlungsfähigkeit als neue Sorgfaltspflicht des Verwaltungsrats. In vielen Aspekten gibt es praxisrelevante Anpassungen, doch ein grosser Wurf ist die Revision, die überlange dauerte, nicht.


Peter Forstmoser: Das neue Aktienrecht bietet viele neuen Chancen und schafft Klarheit über den Einsatz elektronischer Mittel. Ebenfalls kreiert es grössere Flexibilität für die Praxis, so etwa mit der Ermöglichung von Generalversammlungen an mehreren Tagungsorten oder auch ohne Tagungsort sowie mit erweiterten Möglichkeiten für die Grundkapitalbasis dank der genehmigten Kapitalherabsetzung und dem Kapitalband.

 

Inwiefern reflektiert das neue Aktienrecht ­geänderte gesellschaftliche Erwartungen und wirtschaftliche Realitäten? 
Peter Nobel: Auch das neue Aktienrecht bemüht sich wie alle vorangegangenen Revisionen, den Minderheitenschutz zu verbessern, um wiederum das alte Diktum von Bürgi zu widerlegen: «Es gibt keinen Minderheitenschutz im schweizerischen Aktienrecht.» So werden die für Vorstösse notwendigen Quoren herabgesetzt, in der Regel differenzierend nach dem Kriterium der Börsenkotierung. Sehr bemerkenswert ist die mutige Öffnung des Aktienrechts gegenüber den Möglichkeiten der Elektronik, wobei man so weit ging, sogar die Abhaltung einer rein elektronischen GV zu ermög­lichen.


Peter Forstmoser: Das neue Recht trägt der Dynamik wirtschaftlicher Entwicklungen Rechnung, indem es – wie erwähnt – die gesetzlichen Vorgaben flexibler ausgestaltet und Änderungen erleichtert. Das ist gelungen: Mit der neuen Ordnung lässt sich das Rechtskleid eines Unternehmens noch besser als ­bisher auf die individuellen Bedürfnisse und seinen Wandel im Laufe der Zeit ausrichten.

 

Was ist im neuen ­Aktienrecht gut ­gelungen? In welchen Aspekten gibt es noch Arbeit für den ­Gesetzgeber und die Recht­sprechung?
Peter Forstmoser: Gut gelungen ist die schon bisher bestehende, nun aber noch erweiterte Freiheit der individuellen Ausgestaltung der Aktiengesellschaften – eine Voraussetzung dafür, dass die AG auch weiterhin das «Mädchen für alles» im Gesellschaftsrecht bleibt. Noch vermehrt hinterfragen sollte man das Dogma des festen Grundkapitals. Hier wird es an der Rechtsprechung sein, die gesetzlichen Vorgaben mit einer ­liberalen Ausrichtung zu konkretisieren.


Peter Nobel: Die technischen Aspekte und die Integration der Neuerungen scheinen gut gelungen. Leider wurden wichtige Fragen ausgespart. Dies betrifft vor allem die Dispo­aktien, d.h. Namenaktien, die verkauft und im Aktionärsregister gestrichen wurden und bei denen ein Neueintrag des Erwerbers (noch) fehlt. Eine Lösung scheint wohl nur möglich, wenn man die Geltendmachung der Vermögensrechte an den Eintrag ins Aktienregister bindet. Eine solche Lösung stiess früher auf grossen Widerstand, doch in der heutigen ­Situation des allgemeinen Informationsaustausches sollte dies neu überprüft werden.

 

Wohin wird sich das ­schweizerische Gesellschaftsrecht nach dieser Revision ­entwickeln? Welche Bau­stellen ausserhalb des Aktienrechts ­sollten aus Ihrer Sicht ­angegangen werden?
Peter Forstmoser: Aufgrund der erweiterten Flexibilität könnten sich neue Realtypen der AG entwickeln, etwa zur Erfassung der Distributed Ledger Technology (DLT), durch die unter anderem das herkömmliche Konzept des einheitlichen und einzigen Gesellschaftssitzes und die daran geknüpften Rechtsfolgen infrage gestellt werden. Es wird laufend zu prüfen sein, ob in der Praxis entwickelte neue Organisationsformen in der gesetzlichen Ordnung Platz finden. Zurzeit scheint diese für den praktischen Bedarf insgesamt passend.


Peter Nobel: Das wesentlichste Problem, das ausgespart wurde, ist der Konzern. Das Gesellschaftsrecht und die damit verbundene Wissenschaft tun sich schwer mit diesem dornigen Problem. Patentlösungen gibt es nicht, doch scheint es, dass mit dem Gruppenphänomen, das nur vom Recht der Rechnungslegung konsequent erfasst wird, das Unternehmen als wirtschaftliche Einheit dem Gesellschaftsrecht entgleitet. Die wirtschaftliche Realität und das Ringen der Rechtsprechung (z.B. in den Swissair-Entscheiden) zeigen aber doch, dass hier wesentliche materielle Anliegen gesetzgeberisch wenig erfasst sind. Wenn man voll von Konzernen ist, sollte man nicht sagen können: Das schweizerische Recht kennt kein eigentliches Konzernrecht (BGE 138 II 57 E. 4.1).

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Mit neuem Recht der GmbH und der Genossenschaft und den weiteren Gesetzesänderungen
Stämpfli Verlag, 2021
Umfassende Einführung in das neue Aktienrecht und die damit verbundenen weiteren Gesetzänderungen. Die 2020 vom Parlament beschlossene Aktienrechtsreform ist ein Meilenstein in der Entwicklung des schweizerischen Wirtschaftsrechts. Das Aktienrecht ist umfassend erneuert worden: Geändert, aufgehoben oder neu hinzugekommen sind mehr als 160 Artikel. Dazu kommen zahlreiche weitere Gesetzesänderungen im Obligationenrecht (insb. im Recht der GmbH und der Genossenschaft, im Handelsregisterrecht ...
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