Henry Brandt (1921–1998) war eine legendäre Figur des schweizerischen Nachkriegsfilmschaffens, Fotograf und Pionier des «Nouveau cinéma suisse». Bereits sein zweiter Film, die ethnografische Dokumentation Les Nomades du soleil, gedreht 1953/54 über ein Nomadenvolk im Niger, brachte ihm internationales Renommee ein. Zehn Jahre danach, an der Landesausstellung Expo 64 in Lausanne, prägte Brandt dann das Gedächtnis einer ganzen Generation: Seine fünf Kurzfilme La Suisse s’interroge hinterfragten die Schweizer Wohlstandsgesellschaft in bis dahin ungekannter Form und waren Initialzündung für das soziologisch geschärfte Westschweizer Filmschaffen, dem später auch Meisterwerke von Alain Tanner oder Claude Goretta entsprangen.
Diese erste Monografie zu Henry Brandt umspannt das gesamte Œuvre dieses vielseitigen Cineasten, das zahlreiche Dokumentarfilme, Fotoreportagen und Fernsehproduktionen umfasst. Expertinnen und Experten aus Kino, Fotografie und Ethnografie analysieren Brandts Werke und geben Einblicke in sein Bestreben, die Beschreibung des Lokalen mit der Erforschung des Fernen zu verbinden. Henry Brandts Auftragsarbeiten wie seine unabhängigen Eigenproduktionen sind kritische Zeugnisse der globalen Ungleichheit und damit heute aktueller denn je.