«Es ist unausweichlich, daß das Wahre selber heute in die Gestalt der Propaganda gelangen muß, um die Ohren der Menschen zu erreichen. Die große Aufgabe schaffenden Denkens ist daher die Erarbeitung der einfachen Gestalten des Wahren, damit es Widerhall findet in der jedem Menschen ursprünglich eigenen Vernunft.» Dieser Aufgabe widmete sich Jaspers trotz erheblichen Unbehagens an der diagnostizierten Notwendigkeit und dem damit verbundenen «Wagnis der Öffentlichkeit» wie kaum ein anderer Philosoph des 20. Jahrhunderts. Zeugnis hierfür sind neben großen öffentlichkeitswirksamen Publikationen u.a. 15 philosophische Aufsätze, Kongress- und Radiovorträge sowie Interviews aus dem Zeitraum von 1938 bis 1961, die in diesem Band erstmals gesammelt erscheinen. Das Verbindungsglied der Texte, die um das Verhältnis von Wissenschaft und Philosophie, den Zusammenhang von Existenzphilosophie und Humanismus, den Auftrag der Philosophie sowie um Bildung und Universität kreisen, bildet dabei Jaspers' sowohl existenz- als auch vernunftphilosophisch geprägtes Ethos, das sich angesichts der Krise geistiger Weltorientierung und der Gefahr politischer Unfreiheit in dem Versuch austrägt, uns durch das Aufzeigen der gleichermaßen verführerischen wie verhängnisvollen Fiktionen eines Totalwissens zu «Herren unserer Denkungsart» zu machen und im Ringen um den unabhängig denkenden Menschen an die «Kraft der Liebe», die «Offenheit der Vernunft» und die «Bereitschaft zum Lesen der Chiffreschrift der Transzendenz» zu appellieren.