Das Thema „Corporate Social Responsibility" hat über die letzten Jahrzehnte eine immer stärkere Bedeutung für Unternehmen, Verbraucher und Investoren gewonnen. Nach langer legislativer Untätigkeit hat die Europäische Union mit dem Erlass der CSR-Richtlinie (RL 2014/95/EU) auf diese Entwicklung reagiert und europäischen Großunternehmen eine umfangreiche nichtfinanzielle Berichtspflicht auferlegt. Die Richtlinienbestimmungen tangieren eine grundlegende Frage der Wirtschaftswissenschaften, des geltenden Aktienrechts und der gesellschaftsrechtlichen Rechtssetzung: Sollen Unternehmen ausschließlich Wert für ihre Anteilseigner schaffen oder vielmehr auch die Belange ihrer Stakeholder und die Interessen der Zivilgesellschaft fördern?
Die Abhandlung befasst sich mit der rechtlichen Einordnung der Regelungen und wählt dabei einen umfassenden Ansatz: Vor dem Hintergrund ihrer Entstehungsgeschichte und einer rechtsvergleichenden Betrachtung des britischen Rechts werden zum einen die richtlinienimmanenten Auslegungsfragen diskutiert, zum anderen die Auswirkungen der Regelungen im Einzelnen herausgearbeitet und ganzheitlich bewertet. Das rechtsdogmatische Ziel der Arbeit liegt darin, festzustellen, in welcher Weise und in welchem Ausmaß die in den §§ 289b ff. HGB umgesetzten Richtlinienbestimmungen die aktienrechtliche Unternehmensverfassung modifizieren.
Darüber hinaus beschäftigt sich die Untersuchung mit grundsätzlichen Fragen der sozialen Unternehmensverantwortung und ihrer Regulierung. Wie kann der abstrakte Begriff definiert werden? Welche wirtschaftspolitischen Entwicklungen haben dazu geführt, dass das Konzept heute so relevant ist? Wovon ist die Effektivität unterschiedlicher Regelungsmodelle abhängig? Welche Gefahren drohen bei der Verrechtlichung? Die Beantwortung dieser Fragen ermöglicht es, die rechtspolitische Legitimation der CSR-Richtlinie zu evaluieren und Optionen für weiteres gesetzgeberisches Vorgehen aufzuzeigen.