Predictive Policing wird meist auf die zugrundeliegenden Datenverarbeitungstechnologien reduziert und auf Grundlage der diesen Technologien zugeschriebenen Eigenschaften wie Effizienz, Wirksamkeit, Neutralität, Geschwindigkeit usw. legitimiert. In Wirklichkeit ist Predictive Policing jedoch ein Knotenpunkt, worin Computertechnologien, sozio- ökonomische Kräfte, institutionelle Bedürfnisse, ideologische Prämissen, gouvernementale Rationalitäten und Strategien sowie wissenschaftliche und gesellschaftliche Diskurse gebündelt werden. Statt die Technologie als Ausgangspunkt auszuwählen, als ob sie eine kohärente Substanz hätte, ist es notwendig zu untersuchen, mit welchen Kräfteverhältnissen, Arten der Verständlichkeit und Rationalitäten der Gouvernementalität diese Technologie in Berührung kommt und wie sie sowohl durch diese Verschmelzungen ermöglicht wird, als auch wie sie durch diese materiellen und immateriellen Verschmelzungen richtungsweisend wirkt. Das Ziel dieses Buches liegt darin, Predictive Policing sowohl im Rahmen des Wandels sozialer Kontrolle als auch der gegenwärtigen Strategien der Kriminalitätskontrolle zu verorten, es als ein durch eine dynamische Wechselbeziehung zwischen verschiedenen heterogenen, materiellen und immateriellen Faktoren determiniertes Phänomen zu bearbeiten und auf diese Weise eine sozusagen „fundamentale“ Kritik an Predictive Policing zu betreiben.
Der Author
Abdullah Enes Özel ist Rechtswissenschaftler und Kriminologe. Sein Forschungsschwerpunkt liegt insbesondere auf dem Gebiet der Polizeiforschung.