Mit der Globalisierung, der Deregulierung, dem zunehmenden Konsumentenschutz, dem fortschreitenden, patchworkartig gewachsenen Schadenausgleich, insbesondere aber auch mit der Rechtsfortentwicklung in Europa, hat sich das private Versicherungsrecht stark weiterentwickelt. Dies wird wahrgenommen, wenn die Gerichtspraxis, nicht nur der Schweiz, nachvollzogen und versucht wird, diejenigen Grundsätze herzuleiten, die schlussendlich dann Grundlage für eine Gesetzesnorm geben. Dabei reflektiert die Teilrevision des VVG auf den 1.1.2006 nur in ganz wenigen Bereichen die heutige Rechtspraxis. Die Rechtsfortbildung durch die Gerichtspraxis, der spontane Rechtsparallelismus mit Entwicklungen in den Umliegerstaaten und der manchmal vorauseilende Gehorsam gegenüber EU-Richlinien gehen weit über das hinaus, was mit der Teilrevision festgehalten wurde.
Während früher allenfalls Auslegungsfragen im Vordergrund der juristischen Auseinandersetzung standen, prägen heute die vielfältigen und umfassenden Aufklärungs-, Belehrungs-, Informations- und Präzisierungspflichten das Versicherungsverhältnis nicht nur im Zeitpunkt der Entstehung - culpa in contrahendo - sondern auch während des Bestehens des Vertrages und auch beim Eintritt des Versicherungsfalles. Nicht mehr so sehr der "Kunstfehler" AVB steht im Vordergrund juristischen Argumentierens, sondern Aufklärungspflichtverletzungen. Darüber hinaus rückt auch die Problematik des Intermediärs in seinen vielfältigen Schattierungen in den Vordergrund: die Frage der Wissenszurechnung wird zu einer zentralen.