Lucans Bellum Civile (oder Pharsalia ) ist einer der großen europäischen Referenztexte über die menschliche Destruktivität. In einer dichten Beschreibung vermittelt der Epiker (39–65 n. Chr.), der zur Zeit des Kaisers Nero schrieb, eine Ahnung davon, was sich etwas mehr als 100 Jahre vor seiner Zeit im Bürgerkrieg zwischen Caesar und Pompeius (49/48 v. Chr.) in Rom und fast im gesamten Mittelmeerraum abgespielt hat. Es gibt Auskunft über Genese und Verlauf einer Gewalteskalation in einer Gesellschaft auf höchstem kulturellem Niveau. Trotz seiner großen Bedeutung in der europäischen Geistesgeschichte ist das Epos heute kaum noch bekannt. Die vorliegende Studie führt engagiert in das Werk ein und eröffnet in der Verbindung von literaturwissenschaftlichen und psychotraumatologischen Zugängen neue Interpretationsperspektiven. Sie stellt Lucans Gedicht, das als Vorläufer der modernen literature of trauma reklamiert wird, in den weiten Horizont der Kriegsliteratur, der römischen Erinnerungskultur, ordnet es in die antike Literaturproduktion und die Bürgerkriegsdiskurse ein und beleuchtet die literarischen Strategien, die den Bürgerkrieg und seine Dilemmata plastisch vor Augen treten lassen.