Europa ist in Europa die letzte realpolitisch wirksame Utopie. Wer Europa allerdings als Zusammenschluß von Nationalstaaten versteht, verkennt dessen Wirklichkeit und Zukunft. Die Realität des nicht national gebundenen, also kosmopolitischen Europa kann nur in radikaler Selbstkritik der gängigen Politik- und Staatsbegriffe gewonnen werden. Ähnlich wie mit dem Westfälischen Frieden die konfessionell überformten Bürgerkriege des 17. Jahrhunderts durch die Trennung von Staat und Religion beendet wurden, kann die Reaktion auf den Horror des 20. Jahrhunderts in einer Entkoppelung von Staat und Nation bestehen. Ähnlich wie der säkulare Staat die Ausübung verschiedener Religionen ermöglichte, muß das kosmopolitische Europa die grenzübergreifende Koexistenz der verschiedenen ethnischen, nationalen, religiösen und politischen Lebensformen durch das Prinzip der konstitutionellen Toleranz gewährleisten. Europa neu denken - das ist das Thema dieses Buches. Der kosmopolitische Blick auf Europa, in Begriffe gefaßt, kann neue Handlungschancen eröffnen. Mit diesem Buch ist Ulrich Becks Trilogie zum kosmopolitischen Realismus abgeschlossen. Jeder dieser Bände - die sich wechselseitig ergänzen und interpretieren - kann für sich gelesen werden: Der kosmopolitische Blick eröffnet die Perspektive; diese wird in Macht und Gegenmacht im globalen Zeitalter auf die Schlüsselfrage der postnationalen Legitimation von Herrschaft angewendet und schließlich an einem Beispiel - Kosmopolitisches Europa - erprobt.