Konrad Michel zeigt in diesem Buch auf, warum das traditionelle Modell von Suizid als Folge einer psychischen Erkrankung dem suizidalen Patienten nicht gerecht wird. Suizid und Suizidversuche sind Handlungen, die mit der Lebensgeschichte des betroffenen Menschen zusammenhängen. Auf der Grundlage von Hunderten von Interviews mit suizidalen Patienten entwickelten Michel und seine Kollegen einen personenzentrierten Behandlungsansatz, der die Grenzen des traditionellen medizinischen Modells überwindet. Das Buch erklärt spannend und gut verständlich die Entwicklung dieses neuen Zugangs zum suizidalen Menschen bis hin zur erfolgreichen Kurztherapie ASSIP, in der, ausgehend von einem ausführlichen narrativen Interview, Patient und Therapeut zusammen ein gemeinsames Verständnis für die persönliche Suizidalität finden. Dadurch lernen die Betroffenen, wie sie mit zukünftigen emotionalen Krisen umgehen können, indem sie ihre persönlichen Schwachstellen kennen, die Warnzeichen und die anzuwendenden Krisenstrategien. Dem Autor ist es ein Anliegen, dass der breiten Bevölkerung diese neuen Erkenntnisse über die Suizidalität bekannt werden, allen voran das Wissen über psychischen Schmerz, über Suizid-Auslöseereignisse und das plötzlich einsetzende, lebensbedrohliche Tunneldenken, in dem wir nicht mehr überlegt handeln können.
Dieses ebenso einfühlsame wie klare Buch bietet einen wichtigen und neuen Einblick in die Suizidprävention und zeigt, wie eine veränderte Einstellung dazu beitragen kann, Leben zu retten. Michel unterstreicht die Bedeutung der zwischenmenschlichen Kommunikation: Medizinische Fachpersonen müssen den Zugang zum Menschen finden, was zu einer völlig neuen und für beide Seiten befriedigenden therapeutischen Beziehung führt. Das Buch enthält praktische Ratschläge für gefährdete Menschen, mit einem besonderem Schwerpunkt auf jungen Menschen, sowie für Angehörige und Fachkräfte im Gesundheitswesen. Letztlich will Konrad Michel eine breite Bevölkerung erreichen, weil es aus seiner Sicht unumgänglich ist, eine neue Sicht auf die Suizidalität, die die enge Sicht des medizinischen Modells überwindet, zu verbreiten.