Auch im bayerischen Justizministerium arbeiteten in der Nachkriegszeit viele Juristen, die schon in der NS-Justiz tätig gewesen waren. Aus einer kulturhistorischen Perspektive rekonstruiert Ana Lena Werner die Nachkriegsgeschichte dieser bayerischen Justizverwaltung. Sie analysiert dazu Selbst- und Fremdbilder der Justizelite sowohl in öffentlichen als auch in internen Zusammenhängen anhand des Begriffs des Justizbildes. Um die Verwaltungspraxis der Nachkriegszeit mit Bezug zur Personalaktenführung und zur Entnazifizierung herauszuarbeiten, führt Werner den Begriff der bürokratischen Biografie ein. Durch diesen Fokus auf Justizbilder und Verwaltungspraxis kann gezeigt werden, welche Deutungen von der Justiz im Übergang zur Demokratie und deren Stabilisierung vorherrschend waren - und wie sie den Umgang mit der NS-Vergangenheit beeinflussten.
Mit ihrer Forschung liefert die Autorin neue Erkenntnisse zur Verwaltungskontinuität im 20. Jahrhundert: Sie ordnet die Besonderheiten des "Wiederaufbaus" der Landesjustizverwaltung in Bayern und die vielbesprochene These eines "Versagens der Justiz" hinsichtlich des Umgangs der bayerischen Landesjustiz mit der NS-Vergangenheit neu ein.