Die "Zehn Bücher Geschichten" (Decem libri historiarum) Gregor von Tours' stellen eine unersetzliche Quelle für die Zeit des Übergangs der Spätantike zum Frühmittelalter in Mittel und Westeuropa dar. Obwohl der geographische Fokus primär auf dem spätantiken Gallien ruht, zieht Gregor das gesamte Gebiet des ehemaligen Römischen Reiches in seine Betrachtungen mit ein, was den »universalen« Charakter hervorhebt. Das somit als christliche Universalgeschichte angelegte Werk behandelt einen Zeitraum, der sich von der Erschaffung der Welt - nach alttestamentarischer Überlieferung - bis zum 6. Jahrhundert erstreckt. Neun der zehn Bücher befassen sich dabei mit der Geschichte der frühen Merowinger, insbesondere aber mit den, aus Gregors Sicht, zeitgeschichtlichen Ereignissen zwischen 575 und 591 n. Chr. Auch in sprachlicher Hinsicht ist das Werk kennzeichnend für einen sich vollziehenden Übergang vom antiken Latein hin zu den romanischen Sprachen der Gegenwart. Ein zusätzlicher Wert der Historien Gregor von Tours' liegt darin, dass er bei der Konzeption seines Hauptwerks auf viele spätantike Quellen zurückgriff, die heute als verloren gelten. In vielen Fällen nennt er nicht bloß seine Quellen, sondern zitiert sogar wörtlich aus ihnen. Aus diesen Gründen wurde Gregor von Tours von Seiten der Geschichtswissenschaft zu Recht auch als »Herodot des Mittelalters« bezeichnet. Ohne sein Werk wäre unser heutiges Wissen um diese entscheidende Epoche der europäischen Geschichte nur fragmentarisch. Mit Paragraphenzählung nach Arndt/Krusch (Hg.): Gregorii Turonensis Opera. Historiarum libri decem Hannover 1951 (Monumenta Germaniae Historica)