Den Ausgangspunkt dieser Untersuchung bildet der Befund, dass bei der Handhabung grundrechtlicher Fragestellungen sowohl in der Wissenschaft als auch in der Rechtsprechung immer wieder in starkem Umfang auf bestimmte staats-, verfassungs- und demokratietheoretische 'Leitbilder' verwiesen wird, für die im selben Atemzug mehr oder weniger offen konstatiert wird, dass sie nicht oder allenfalls schemenhaft Anklang im Verfassungstext finden. Die Arbeit interessiert sich für die Funktionalisierung dieser Leitbilder durch den Interpreten sowie das Potenzial und die Risiken, die mit ihrem Gebrauch verbunden sind. Sind Leitbilder - so lautete eine der zentralen Fragestellungen der Untersuchung - ein Segen, weil sie zu einer Erhellung und Rationalisierung auslegungsleitender Vorverständnisse beitragen, oder doch eher Fluch, weil sie einer Auflösung der Normativität der Verfassung Vorschub leisten? Dabei geht es letztlich um die alte, aber nunmehr in neuem Licht erscheinende Frage nach dem Eigenanteil des Interpreten bei der Suche nach dem verfassungsrechtlich Gebotenen - einem Grundproblem der Erkenntnis- und Rechtstheorie, aber auch der verfassungsgerichtlichen Praxis.