Lehrkräfte sind dazu verpflichtet, allen Schüler*innen eine gleichberechtige Teilhabe am Sportunterricht zu ermöglichen. Neben einer gut ausgebildeten Genderkompetenz bedarf es dafür der genauen Kenntnis der Schüler*innenperspektive. Allerdings sind die subjektiven Relevanzsetzungen sowie geschlechtsbezogenen Deutungen von Schüler*innen im Sportunterricht bislang wenig erforscht. Die vorliegende Studie zielt folglich darauf ab, die von Schüler*innen im Sportunterricht aktualisierten Geschlechtertypisierungen sowie deren situativen Bezug zu rekonstruieren. Die Studie zeigt, dass Schüler*innen Geschlechtertypisierungen in Bezug auf sportliches Können, sportliches Wollen und unterrichtliches Müssen anlässlich spezifischer, wenngleich typischer sportunterrichtlicher Situationen aktualisieren. Da jene Geschlechtertypisierungen mit Anerkennung oder Abwertung einhergehen, lässt sich überdies eine im Sportunterricht bestehende Anerkennungshierarchie nachzeichnen. Demzufolge ist keinesfalls davon auszugehen, dass Sportunterricht den an ihn gestellten geschlechtsbezogenen Ansprüchen gerecht wird. Statt Gleichberechtigung aller Schüler*innen ist vielmehr immense geschlechtsbezogene Benachteiligung von Mädchen im Sportunterricht zu konstatieren.
Die Autorin
Tanja Hackenbroich arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Vermittlungskompetenz im Sport am Institut für Sportwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin.