Der Schutz von Geschäftsgeheimnissen im deutschen Zivilprozess wird seit jeher als unzureichend kritisiert. Mit der Neuregelung des prozessualen Geheimnisschutzes im Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen im Jahr 2019 ist das Thema im wissenschaftlichen Diskurs aktueller denn je. Zugleich kann beobachtet werden, dass insofern relevante Streitigkeiten zunehmend in den Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit abwandern. Folglich liegt die Vermutung nahe, Geschäftsgeheimnisse könnten im Schiedsverfahren besser geschützt sein als im Zivilprozess. Schließlich ist das Schiedsverfahren für seine Nichtöffentlichkeit und Vertraulichkeit bekannt.
Die vorliegende Untersuchung geht der Frage nach, ob sich diese Vermutung bei näherer Untersuchung bestätigt. Sie analysiert ausführlich die Gefährdungslage für Geschäftsgeheimnisse durch einen Zivilprozess und nimmt dabei nicht nur Gefährdungen durch die Öffentlichkeit und den Prozessgegner, sondern beispielsweise auch Gefährdungen durch die jeweiligen Anwälte und das Gericht selbst in den Blick. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass der Schutz im Zivilprozess, trotz einer Verbesserung durch die gesetzliche Neuregelung, nach wie vor unzureichend ist. Begründet wird diese Erkenntnis insbesondere mit der Tatsache, dass der Anwendungsbereich der Neuregelung eng beschränkt ist und der Prozess einen Geschäftsgeheimnisinhaber in die missliche Lage bringen kann, seinem Prozessgegner das Geschäftsgeheimnis offenbaren zu müssen. Im Gegensatz dazu kann in Schiedsverfahren der Gegner von geheimhaltungsbedürftigen Verfahrensteilen vollständig ausgeschlossen werden. Diese Schutzmöglichkeit ist Folge der Verfahrensfreiheit, die im Schiedsverfahren herrscht und die darin begründet liegt, dass sich die Parteien selbst auf das Schiedsverfahren geeinigt haben. Im Gesamtergebnis ist daher in Schiedsverfahren ein effektiverer Geheimnisschutz möglich als im Zivilprozess. Grund dafür ist jedoch nicht etwa die Nichtöffentlichkeit oder Vertraulichkeit des Schiedsverfahrens, die für Geschäftsgeheimnisse auch der Zivilprozess gewährleisten kann, sondern vielmehr die Verfahrensfreiheit.