Nominiert für den Debütpreis der lit.COLOGNE 2020.
Elija ist die älteste der Schwestern, ihre Augen, von einer großen Lidfalte beschu¿tzt, blicken auf das Schöne in der Welt. Sie liebt das Theater, wenn sie die Hagar spielt, die in die Wu¿ste geschickt wird, allein mit einem Kind im Bauch. Auf der Bu¿hne kann Elija Mutter sein, in echt kann sie das nicht. Noa jobbt in einer Kantine. Jeden Tag hofft sie auf Akim, der hoch oben in dem Glasturm mit Elbblick arbeitet. Sie können u¿ber vieles sprechen, die Exmatrikulation, ihre Ostasienreisen, nur nicht daru¿ber, wohin sie geht, wenn ihre Schicht in der Kantine vorbei ist. Loth, die Ju¿ngste, ist schön wie eine Statue. Und sie ist wu¿tend. Bei Demos wird sie als Nazi beschimpft, sie selbst hält die Linken fu¿r Meinungsfaschisten. Sie ist in die patriotische Hausgemeinschaft in Halle gezogen, um zu kämpfen. Die Wanderung war Loths Idee. Die Idee, noch einmal Schwestern zu sein. Das Moor zu durchqueren und auf dem Berg das Lied zu singen, das ihr Vater fu¿r sie gedichtet hat. Doch wie die Schwestern ist auch das Moor nicht mehr dasselbe. Einen Tag verbringen sie zusammen, allein mit sich und den Erinnerungen, die selbst das Moor nicht schlucken kann, mit all dem Morast und Torf, und es gibt nichts, was Halt verspricht.
Amanda Lasker-Berlin beherrscht die Kunst der Verdichtung, das Spurenlegen, das Erzeugen von stärker werdenden Schwingungen bis hin zum Paukenschlag. Ihre fließende, konzentrierte Sprache, ihr Vertrauen auf die Kraft ihrer Figuren sowie die Empathie und Unaufgeregtheit, mit der sie brisante gesellschaftliche Themen mit individuellen Schicksalen engfu¿hrt, zeugen von dem großen Talent der Debu¿tautorin.