Thomas Hirse untersucht die Ausweichklauseln und die durch sie aufgeworfenen Fragen in der allgemeinen Kollisionsrechtslehre. Er setzt sich im Rahmen der Problematik der Konkretisierung dieser kollisionsrechtlichen Generalklauseln umfassend mit dem Stand der allgemeinen Methodenlehre im Kollisionsrecht auseinander. Als Ausweichklauseln sind solche gesetzlich fixierten Kollisionsnormen anzusehen, die im Einzelfall ausnahmsweise die Anwendung einer anderen als anhand einer ebenfalls gesetzlich fixierten Regelverweisung ermittelten Rechtsordnung zulassen, nämlich der, mit welcher der konkrete Sachverhalt eine wesentlich engere Verbindung im Sinne des Savignyschen Anknüpfungsprinzips besitzt. Trotz der im IPR generell erhöhten Anforderungen an die Vorhersehbarkeit des anwendbaren Rechts sind die Ausweichklauseln als Notventil zugunsten der Anknüpfungsgerechtigkeit im Einzelfall erforderlich. Die methoden- und funktionsgerechte Konkretisierung der Ausweichklausel kann nur anhand einer umfassenden Bewertung der konkreten privaten Rechtsanwendungsinteressen der beteiligten Privatpersonen in jedem Einzelfall vorgenommen werden. Das rechtsethische Prinzip der engsten Verbindung trifft hierfür lediglich eine Vorwertung dahingehend, dass sie unabhängig vom Inhalt und der rechtspolitischen Qualität der potentiell anwendbaren Sachrechte, losgelöst also von materiellrechtlichen Ergebnisvorstellung erfolgen muss. Diese Konkretisierungsmethode setzt voraus, dass entsprechend der allgemeinen Methodenlehre auch im Kollisionsrecht konsequent von der Interessenjurisprudenz zur Wertungsjurisprudenz übergegangen wird. Dagegen ist die vorherrschend zur Konkretisierung vertretene Fallgruppenmethode weder eine normative Methode noch kann sie der rechtspolitischen Funktion der Ausweichklausel gerecht werden.<br /><br />Geboren 1975; Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Rostock; 2005 Promotion; Rechtsanwalt in der Kanzlei Linklaters in Köln.