Simone Rücker gibt einen Gesamtüberblick über die Geschichte des Rechtsberatungswesens in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus, der in der Entstehungsgeschichte des sogenannten Rechtsberatungsmissbrauchsgesetzes vom 13.12.1935 kulminiert. Angesichts der sich verändernden politischen Systeme analysiert sie die wirtschaftlichen, interessenpolitischen und allgemeinpolitischen Voraussetzungen des damaligen Rechtsberatungswesens. Ausgehend vom Nebeneinander anwaltlicher und nichtanwaltlicher Rechtsberatungsangebote untersucht sie die historische Entwicklung der verschiedenen Berufsstände und deren rechtlicher Grundlagen. Dabei geht sie der Frage nach, welche Bedeutung die verschiedenen nichtanwaltlichen Rechtsberatungsangebote von Einzelpersonen und Organisationen für die Versorgung der Bevölkerung mit Rechtsrat hatten, und in welchem Umfang und mit welchen Motiven die Regierungen der Weimarer Republik und die nationalsozialistische Regierung in die Reglementierung der nichtanwaltlichen Rechtsberatung eingriffen. Mit Blick auf die Anwaltschaft erörtert sie die standesinterne Diskussion um die laienhafte Beraterkonkurrenz und die entsprechende Interessenpolitik der Anwaltschaft bis 1945. Mit der Untersuchung der Entstehung des Rechtsberatungsmissbrauchsgesetzes von 1935, auf dem das bis heute geltende Rechtsberatungsgesetz im Wesentlichen beruht, schließt die Autorin an die aktuelle Diskussion um die Neuordnung des Rechtsberatungswesens aus rechtshistorischer Perspektive an. Im Zuge der schon seit Jahren bestehenden Diskussion um die Notwendigkeit der Ablösung des Rechtsberatungsgesetzes spielt dessen nationalsozialistische Herkunft immer wieder eine Rolle.<br /><br />Geboren 1977; Studium der Rechtswissenschaft in Passau, Lausanne, Berlin; derzeit Referendarin in Hamburg.