Dieser Band rückt Diderots 1830 posthum veröffentlichte Schrift Paradox über den Schauspieler ins Zentrum. Darin beschreibt Diderot die Schauspielkunst als eine radikal rationale. Der kompetente Schauspieler fühlt sich nicht in die Figuren ein, sondern er beobachtet sie genau und ahmt präzise nach, was er zu spielen hat. In Bezug auf Aufmerksamkeit, Fantasie und Urteilskraft ist der Schauspieler anderen Menschen weit überlegen. Er begreift das Andere, was er zu verkörpern hat, so ausgezeichnet, weil er auf der Bühne in bemerkenswerter Weise Selbstlosigkeit und Selbstdisziplin, die Annäherung an das Andere und gleichzeitig höchste Distanz dazu verbindet. Diderot fasst diese widersprüchliche Haltung des Schauspielenden nicht nur als eine künstlerisch interessante auf, sondern auch als eine sozial und politisch relevante. Wie ist das zu verstehen? Muss der häufig vor allem unter ästhetischen Gesichtspunkten diskutierte Text von Diderot darüber hinaus auch politisch gelesen werden? Welches Verständnis von Macht, Authentizität, Gedächtnis, Körper, Manipulation, Demokratie, Solidarität, Freiheit oder Selbstverwirklichung wird darin vorgeschlagen, und welche Implikationen hat das für aktuelle demokratietheoretische Debatten? Neun Autorinnen und Autoren gehen diesen Fragen nach und stellen ihre kritischen Diderot-Lektüren zur Diskussion.